Mobbing – eine Herausforderung nicht nur für angehende Führungskräfte!

Über Mobbing wird nicht offen gesprochen. Wer gemobbt wird, zieht sich zurück, und wer aktiv am Mobbing beteiligt ist, hängt das nicht an die große Glocke.

Was ist eigentlich „Mobbing“?

Der kleine Scherz über eine Kollegin, einen Kollegen gehört sicherlich zum betrieblichen Alltag und ist in der Regel spaßig und nett gemeint. Aber wo hört der Spaß auf und wo fängt Mobbing an? Mobbing wird gern als Psychoterror bezeichnet, jedoch muss man zwischen einzelnen und andauernden Schikanen oder Beleidigungen unterscheiden. Erst wenn diese über einen längeren Zeitraum (ca. sechs Monate) anhalten, spricht man von Mobbing. Der Lernpsychologe und Arbeitswissenschaftler Professor Heinz Leymann (“Verhaltensweisen unter Mobbing”) hat in den achtziger Jahren die folgenden vier Verhaltensweisen im Rahmen von Mobbing identifiziert:

  1. Feindlich wahrgenommenes Verhalten von Kollegen/Kolleginnen und Vorgesetzten.
  2. Feindliches Vorgehen gegenüber der „Zielperson“.
  3. Die Zielperson soll Opfer sein oder werden (durch Abwertung und/oder Ausschluss aus der Gemeinschaft).
  4. Über einen längeren Zeitraum angewandte psychische Gewalt.

Wo und wie findet Mobbing statt?

Mobbing findet nicht nur im betrieblichen Alltag statt. Die regelmäßigen Schikanen findet man im Vertrieb, bei Banken, auch in Sportvereinen, Schulen, Pflegebereichen und immer vermehrter in den sozialen Medien im Internet. Häufig gehen die Schikanen von Vorgesetzten aus. Seltener, aber auch das gibt es, werden Chefs von ihren Mitarbeitenden gemobbt. Männer mobben anders als Frauen. Männer bedienen sich in der Regel greifbarer Methoden, indem sie ungerecht kritisieren, sinnlose Aufgaben verteilen, den Zugang zu Informationen verweigern oder die Gemobbten isolieren. Frauen mobben häufiger auf der emotionalen Ebene. Sie schmieden Intrigen und verbreiten Gerüchte. Besonders häufig wird von Mobbenden psychische Gewalt angewendet. Psychische Gewalt hat viele Facetten, und findet zu einem großen Teil hinter dem Rücken der Betroffenen statt, z. B.:

  • Es werden Gerüchte verbreitet, man lacht über sie, über die Kleidung, die Kompetenz, das private Engagement, man stellt die Arbeitsweisen in Frage.
  • Sie werden isoliert, bekommen keine Antworten und man lässt sie vorsätzlich ins Leere laufen, damit sie sich in Meetings und bei Präsentationen blamieren. Wenn sie in die Kaffee-Ecke kommen, löst sich die bis dahin plaudernde Gruppe schlagartig auf.
  • Man hört ihnen nicht mehr zu, besonders wenn sie versuchen, Dinge ins rechte Licht zu setzen.
  • Sie bekommen Arbeiten zugeteilt, die sie deutlich über- oder unterfordern. Möglicherweise auch völlig sinnlose oder unter Umständen gesundheitsschädliche Aufgaben.
  • In unbeobachteten Momenten kommt es vielleicht sogar zu körperlicher Bedrohung oder zu sexueller Belästigung.

Die Täter*innen sind zu 44% Kolleginnen/Kollegen, zu 37% Vorgesetzte, zu 10% Führungskolleginnen/-kollegen und Chef und zu 9% Untergebene.

Warum wird gemobbt, was sind die Auslöser?

Mobbing-Motive: Organisation, Verteilung, eigene Ziele, Werte, Strategie, soziales Problem, ungerecht behandelt

Mobbing ist in der Regel das Ergebnis von unerfüllten Erwartungen oder Konkurrenzdenken. Die Ursachen sind nicht auf den ersten Blick zu erkennen. “Wenn meine Wünsche und eigenen Ziele durch die andere Person blockiert werden, dann werde ich dieser Person mal zeigen wozu ich fähig bin.” Das könnte ein klassischer Auslöser sein. Auch die subjektiv wahrgenommene Bevorzugung einer Kollegin, eines Kollegen, beispielsweise durch das Recht im Homeoffice arbeiten zu dürfen, während es einem selbst verweigert wird, ist unter Umständen ein Motiv. Es sind die verletzten Bedürfnisse, die zur “Gewalt” führen. Auch der Verteilungskonflikt, wenn immer dieselbe Person den Urlaub zur bevorzugten Zeit vom Chef genehmigt bekommt, kann eine Ursache sein. “Der bekommt schon wieder seinen Urlaub, und ich bekomme die ganze Arbeit. Da lasse ich doch mal einiges platzen. Ist ja nicht meine Schuld. Die werden schon sehen!” Das ist eine Möglichkeit dem/der Gemobbten fachliche Inkompetenz zu unterstellen. Aber machen wir nichts vor, der Werkzeugkasten eines Mobbers, einer Mobberin ist sehr viel umfangreicher.

Wer ist ein bevorzugtes „Mobbingopfer“?

Häufig werden Menschen gemobbt, die vermeintlich „anders“ denken, aussehen oder handeln. Personen, die aus der „Norm“ fallen oder als bedrohlich wahrgenommen werden. Es kann sich z.B. um eine Person handeln, die nicht nonchalant mit Vorschriften umgeht und sich konsequent an die Pausenzeiten hält. Gemobbte Personen werden oft als „schwierig“ oder rechthaberisch bezeichnet. Jemand, mit dem die anderen nicht oder nur schwer klarkommen. Die Opfer sind zu 81,3% Frauen und zu 18,7% Männer. Werden Führungskräfte als inkompetent wahrgenommen oder nehmen sie ihre Führungsverantwortung nicht wahr, geraten auch sie schnell als Mobbingziel in den Fokus ihrer Mitarbeitenden und Führungskollegen.

Die verheerenden Folgen von Mobbing

Mobbing-Betroffene reagieren zunächst oft mit erhöhter Leistung, um ihr Ansehen wieder herzustellen. Bei fortdauerndem Mobbing stellt die betroffene Person ihre Anstrengungen jedoch ein: Es kommt zur „inneren Kündigung“. Alle Kräfte sind darauf gerichtet, den Tag „zu überleben“. Gemobbte Personen werden häufiger krank. Klassische Erkrankungen sind Magen-Darm, Konzentrations-, Schlaf- und Gedächtnisstörungen, Depressionen, Herzbeschwerden, migräneartige Kopfschmerzen.

Mobbing im Homeoffice

Sie werden vielleicht sagen: „Wie soll das denn gehen“? Im Homeoffice gibt es doch keine Grüppchen, keine Kaffee-Ecke, etc. Alles richtig, aber wenn beispielsweise immer dieselben Teammitglieder nicht an Online-Meetings teilnehmen, kaum zu Wort kommen oder sich erst einwählen, wenn das Meeting quasi vorbei ist, weil sie keine Einladung oder eine Einladung mit der falschen Uhrzeit erhalten haben? Beliebt ist es auch, bei der ersten Einladung die gemobbte Person vorsätzlich zu vergessen, dann die Einladung mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns weiterzuleiten, dabei jedoch andere Themen zu fokussieren, damit sich die Person nicht optimal vorbereiten kann. Das mag mal passieren, aber wenn es immer dieselben Kollegen oder Kolleginnen sind, dann sollten Sie als Führungskraft hellhörig werden.

Besondere Herausforderungen für Führungskräfte

Im Besonderen können Führungskräfte, die erst kürzlich eine Führungsfunktion oder eine neue Rolle in einem Team übernommen haben, von solchen Tendenzen überrascht werden. Wird man unverhofft mit kritischen Mobbing-Situationen konfrontiert, kann man als Führungskraft leicht zwischen die Fronten geraten, und es kann sich ein Gefühl von Hilflosigkeit einstellen. Mobbing ist keinesfalls ein „Kavaliersdelikt“, sondern kann das gesamte Team nachhaltig vergiften. Somit hat Mobbing eine massive Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit der gesamten Mannschaft. Mobbing kann zusätzlich ein Symptom von tiefgreifenden Problemen in der gesamten Organisation sein. Wenn Führungskräfte diese Herausforderungen nicht ernsthaft annehmen und schon gar nicht ändern oder bearbeiten wollen, dann haben gemobbte Personen keine Chance. Bleiben Sie wachsam, denn als Führungskraft haben Sie eine Fürsorgepflicht, d.h. Sie sind gefordert, Mobbern sofort Einhalt zu gebieten. Das Landesarbeitsgericht hat dies in einem Urteil in 2001 eindeutig festgestellt. Wegsehen oder laufen lassen sind keine Option.

Und was können Sie tun?

Suchen Sie das Gespräch und klären Sie die Ursachen. Zeigen Sie dabei die klaren rechtlichen Konsequenzen für die Täter*innen auf. Es ist möglicherweise nötig, den/die Gemobbte aus der Schusslinie zu nehmen, um einen gewissen Abstand zu erzeugen. Wenn die gemobbte Person bereits angeschlagen ist, müssen Sie sofort handeln. Das kann auch bedeuten, dass Sie die gemobbte Person als Sofortmaßnahme beurlauben. Das klingt zunächst logisch und einfach. De facto ist es das aber nicht. Es wird besonders herausfordernd, wenn Sie als Führungskraft eng mit Ihrem Team verbunden sind. Wenn es beispielsweise soziale Kontakte auch außerhalb der Firma gibt, ist die Rollenklarheit der Führungsperson besonders gefordert. Unsere vielfältigen Erfahrungen zeigen, dass es oft hilfreich ist, eine externe Unterstützung frühzeitig zur Deeskalation einzubinden, wenn die eigenen Bemühungen nicht zielführend sind. Unsere Empfehlung: Holen Sie Unterstützung für sich und Ihr Team im Rahmen eines professionellen Coachs bzw. Mediators, bevor sich die Fronten immer mehr verhärten.

Aus unserer Praxis können wir berichten, wie wichtig ein vertraulicher und diskreter Rahmen für eine nachhaltige Maßnahme ist, damit Vertrauen wieder wachsen kann. Wir helfen Ihnen gern, den “Knoten” zu lösen. Das Ziel einer Maßnahme muss sein, dass Sie als Führungskraft wieder ein funktionierendes Team führen, das professionell miteinander umgeht und leistungsfähig ist.  Die Vorteile für Sie liegen auf der Hand. Sie werden nicht immer tiefer in das Thema verstrickt und kommen ihrer Führungsverantwortung nach. So bleiben Sie fokussiert und verantwortungsvoll.

Viele Grüße und passen Sie auf sich auf.
Manfred Hohls

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